Geschichte des Landesamts für Statistik
Die amtliche Statistik in Bayern entstand im Zuge der tiefgreifenden Reformen durch Graf Montgelas (1759 - 1838). 1808 wurden das Statistisch-topographische Bureau im Außenministerium und zum gleichen Zeitpunkt eine Polizei-Sektion im Innenministerium gegründet, die sich ebenfalls mit der amtlichen Statistik befasste. Montgelas stand beiden Ministerien vor, dem Außenministerium von 1799 bis 1817, dem Innenministerium von 1806 bis 1817 und zusätzlich von 1809 bis 1817 auch dem Finanzministerium.
Schon bald nach Inkrafttreten der bayerischen Konstitution von 1808, in welcher die Reformen Montgelas‘ kodifiziert wurden, erging eine Verordnung an die General-Kreis-Kommissariate, eine Generalerfassung des Staatsgebietes auf allen Ebenen durchzuführen. Als Beilage waren Tabellenköpfe mit den genauen Erhebungsmerkmalen angefügt. Diese waren u.a.: Orte, Gebäude, Volkszahl (differenziert nach Geschlecht, Religion, Familienzahl, Kinderzahl), Geburten, Hochzeiten, Sterbefälle (differenziert nach Alter, Geschlecht und Todesursache), Mineralprodukte, Ernte, Viehbestand, Manufakturen und Fabriken, Zahl der Künstler, Handwerker, Kaufleute, Handel, Ein- und Auswanderungen, Verhaftungen, Gefängnisse, Krankenhäuser, Armenhäuser (jeweils mit Insassen), Gemeindefinanzen. Für diese umfangreichen Berichte, für die sich bald der Begriff „Montgelaszählung“ einbürgerte, gab es jedoch keinen Stichtag oder Berichtszeitraum. Die Generalerfassung sollte jährlich erfolgen, um den neuen Fachministerien möglichst genaue Daten über ihre Bereiche zu liefern. Zu einer zentralen Auswertung der umfangreichen Berichte kam es jedoch nur in den Verwaltungsjahren 1809/10 und 1811/12. Für die nach 1812 hinzugekommenen neuen Territorien wurden Nacherhebungen durchgeführt und ausgewertet, im Raum Aschaffenburg für die Jahre 1814/15 und im Raum Würzburg für 1816/17.
Amtliche Statistik zwischen Diktatur und Demokratie
Für die amtliche Statistik gelten die Grundsätze der Neutralität, Objektivität und fachlichen Unabhängigkeit; das Europarecht fügt noch die statistische Geheimhaltung hinzu. Diese Grundregeln stellen hohe Anforderungen. In der Sache gehören sie zum Corpus der normativen Antworten auf die NS-Diktatur. Umso wichtiger ist es, sich mit den Gefährdungen, aber auch den Verstrickungen der amtlichen Statistik in der NS-Zeit zu beschäftigen und zu analysieren, wie der Übergang in die Demokratie in Bayern und in der Bundesrepublik gelang.
2020 wurde das Institut für Zeitgeschichte beauftragt, die Transformation des Statistischen Landesamtes vom Datenlieferanten des NS-Regimes in eine in den demokratischen Rechtsstaat eingebundene, moderne Fachbehörde zu untersuchen. Das Projekt „Demokratische Kultur und NS-Vergangenheit. Politik, Personal, Prägungen in Bayern 1945-1975“ gibt den Rahmen. Der am Institut für Zeitgeschichte angesiedelte Forschungsverbund untersucht den Aufbau demokratischer Strukturen und Prozesse in Bayern seit dem Sommer 1945 und den Umgang bayerischer Ministerien und Behörden mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit. Grundlage ist ein Beschluss des Bayerischen Landtags aus dem Jahr 2013.
Ergebnis ist die Studie „Haus der Zahlen. Die bayerische Landesstatistik zwischen Diktatur und Demokratie“ von PD Dr. Jürgen Kilian.
Präsidenten im Zeitverlauf
Prof. Dr. Friedrich Zahn (1907-1939)
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Friedrich Zahn (1869 bis 1946) war Präsident des Bayerischen Statistischen Landesamts von 1907 bis 1939.
Am 8. Januar 1869 in Wunsiedel geboren studierte er Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten München und Leipzig, promovierte 1890 bei Brentano und absolvierte das juristische Staatsexamen in München. Seine Karriere begann im Kgl. Bayerischen Statistischen Bureau, doch bereits 1896 wechselte er zum Statistischen Reichsamt nach Berlin.
1907 kehrte Friedrich Zahn in den Bayerischen Staatsdienst zurück und leitete bis 1939 das Bayerische Statistische Landesamt. Seine Ernennung zum Leiter des Landesamts erfolgte im Zuge einer organisatorischen Erneuerung, um die Effizienz, Wissenschaftlichkeit und Breite der bayerischen Statistik zu verbessern.
Zahn war überzeugt, dass die Statistischen Landesämter wegen der besseren Kenntnis der regionalen Verhältnisse und des Vertrauens der Bevölkerung für die Qualität der Statistik unverzichtbar seien. Er betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Reich und Ländern.
Während des Ersten Weltkriegs errichtete er 1915 im Statistischen Landesamt eine Landesvermittlungsstelle für Brotgetreide und Mehl sowie eine Bayerische Landesprüfungsstelle für Lebensmittelpreise, die im Jahr 1919 um die Betriebsrevisionsabteilung des Kriegswucheramtes zu einer Bayerischen Landespreisstelle erweitert wurde. Das Amt führte zahlreiche Erhebungen durch, um Bedarf, Vorräte und Produktionskapazitäten zu erfassen. Nach dem Krieg stand die amtliche Statistik vor der Herausforderung, die Umstellung auf die neuen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu bewältigen. Zahn betonte die Bedeutung der Statistik für die Landespolitik, die Wirtschaft und die Wissenschaft und setzte sich für eine enge Zusammenarbeit mit anderen Institutionen ein.
1927 wurde Zahn einstimmig zum Vorsitzenden der Deutschen Statistischen Gesellschaft gewählt. Schon seit 1914 war er Herausgeber des Allgemeinen Statistischen Archivs. Ebenfalls 1927 wurde Zahn Vizepräsident des Institut International de Statistique, 1930 sein Präsident und 1936 Ehrenpräsident.
Vor dem Hintergrund einer nach dem Ersten Weltkrieg prosperierenden völkisch-nationalen Bevölkerungsstatistik lässt sich auch bei Zahn eine stetig wachsende Radikalisierung feststellen, so Kilian. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten entsprach der Präsident von Anfang an den Erwartungen. Das betraf seine öffentlichen Auftritte ebenso wie die interne Ausrichtung des Landesamtes. Nach außen hin am sichtbarsten konnte dies in den Publikationen des Landesamts beobachtet werden, welche deutlich die Politik der Nationalsozialisten unterstützten.
____________________Quellen:
- PD Dr. Kilian, Jürgen: Haus der Zahlen. Die bayerische Landesstatistik zwischen Diktatur und Demokratie
- Zeitschrift des bayerischen Statistischen Landesamts 1957, S. 263: 1907 – eine Zäsur in der Entwicklung der amtlichen bayerischen Statistiken
- Zeitschrift des bayerischen Statistischen Landesamts 1969, S. 194: Ein Leben für die Statistik
Prof. Dr. Friedrich Burgdörfer (1939–1945)
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Friedrich Burgdörfer folgte Zahn als Präsident im Jahr 1939. Im November 1945 wurde er auf Druck der amerikanischen Besatzungsbehörden entlassen.
Burgdörfer knüpfte nahtlos an die zuletzt praktizierte Amtsführung unter Zahn an. Er vertrat ebenfalls die Ansicht, dass eine völkisch ausgerichtete Statistik die Grundlage für eine spezifisch nationalsozialistische Bevölkerungspolitik bilden müsse. Dazu gehörte im Sinne des Regimes auch die Ausgrenzung und Entfernung aller Jüdinnen und Juden. Noch als Direktor des Statistischen Reichsamtes beschäftigte er sich mit den statistischen Möglichkeiten zur Ermittlung von Angehörigen jüdischen Glaubens und der sogenannten Rassejuden. Seine Ideologie bewies er sowohl im privaten Bereich als auch bei der Ausarbeitung eines Gutachtens, das die projektierte Deportation der Juden zum Gegenstand hatte.
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Quellen:
- PD Dr. Kilian, Jürgen: Haus der Zahlen. Die bayerische Landesstatistik zwischen Diktatur und Demokratie
- Zeitschrift des bayerischen Statistischen Landesamts 1957, S. 138: Ein halbes Jahrhundert im Dienste der Statistik
Dr. Karl Wagner (1946–1959)
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Dr. Karl Wagner (1893–1963) übernahm am 12. Februar 1946 die Leitung des Bayerischen Statistischen Landesamts, nachdem er während des Dritten Reichs aus politischen Gründen im Statistischen Reichsamt zwangspensioniert worden war. Seine Amtszeit dauerte bis 1960. Er prägte den Wiederaufbau der amtlichen Statistik in Bayern und darüber hinaus. Besonders wichtig war ihm eine systematische Beobachtung des Wirtschaftsgeschehens. Auf seine Initiative hin kam es 1948 zur Neugründung der Deutschen Statistischen Gesellschaft, deren Präsident er bis 1960 war.
Nach dem Ende des Statistischen Reichsamts fielen viele Aufgaben, insbesondere die Datenaufbereitung, zunächst an die Statistischen Landesämter. Das erforderte deutlich mehr Personal und führte zu einer spürbaren Technisierung der Produktionsabläufe. Bereits ab August 1945 wurden im Bayerischen Statistischen Landesamt erstmals Lochkartenmaschinen zur Datenaufbereitung eingesetzt. Die maschinelle Aufbereitung wurde weiter ausgebaut und 1951 in eine eigene Abteilung „Maschinelle Aufbereitung“ überführt, die sich in Arbeitsgruppen für Arbeitsvorbereitung, Datenerfassung, maschinelle Sortier- und Tabellierarbeiten sowie Fehlerbereinigung gliederte.
Wagners Wirken war geprägt von der Demokratisierung und Modernisierung der amtlichen Statistik nach den Geschehnissen im Nationalsozialismus. Er setzte sich für gesetzliche Regelungen und Kontrollinstrumente ein, um einen Missbrauch der Statistik zu verhindern und die statistische Geheimhaltung zu gewährleisten. Besonderen Wert legte Wagner auf das Veröffentlichungswesen. 1947 gründete er die Zeitschrift „Bayern in Zahlen“. Daneben etablierte er das System der „Statistischen Berichte“, die ebenfalls heute noch veröffentlicht werden. Unter seiner Präsidentschaft konnten mit dem Einzug in die Alte Akademie in München sämtliche Ausweichquarte und Außenstellen wieder an einem Standort zusammengeführt werden.
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Quellen:
- 200 Jahre amtliche Statistik in Bayern
Das Wirken von Präsident Dr. Wagner
Umzug in die Neuhauser Straße
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Nach dem Krieg war das Bayerische Statistische Landesamt zunächst in der Polizeikaserne in der Rosenheimer Straße untergebracht; dort residierte anfangs auch das ifo-Institut.Im Februar 1956 zog das Statistische Landesamt in die Alte Akademie in der Neuhauser Straße, die neben der Michaelskirche liegt und nach ihrer Zerstörung im Krieg zwischen 1953 und 1955 wiederaufgebaut wurde. Das Gebäude hat eine lange Geschichte: Es war seit Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Zerstörung im April 1944 Sitz des Jesuitenkollegs, des Malteserordens, der Universität, des Kadettenkorps, der Polizeidirektion, des Reichsarchivs, der Staatsbibliothek, mehrerer Ministerien, des Landtagsarchivs, der Akademie der bildenden Künste, zoologischer Sammlungen und der Akademie der Wissenschaften. Beim Wiederaufbau blieb die historische Fassade erhalten, das Innere wurde im Stil der 1950er Jahre neugestaltet. Die Baukosten betrugen etwa 9,5 Millionen DM.
Anfang Februar 1956 waren alle Mitarbeiter wieder in diesem, damals modernen, fünfstöckigen Haus untergebracht. Im Herbst 1956 wurde das Dachgeschoss ausgebaut, um die für die Wohnungsstatistik 1956 benötigten Aushilfskräfte unterzubringen. Anfang 1957 wurde ein zweiter Speicher als Lagerraum eingerichtet, und am 18. April 1957 fand die erste Betriebsversammlung im neuen Amtsgebäude statt.
1993 kam es zu einer Teilverlagerung des Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung nach Schweinfurt. Dort konnte 1998 unser jetziges Dienstgebäude bezogen werden.
2012 zog das Landesamt für Statistik in zunächst in die St. Martin-Straße in München-Giesing und dann endgültig nach Fürth in die ehemalige Quelle-Hauptverwaltung, unseren heutigen Dienstsitz in Fürth um.____________________
Quellen:
- 200 Jahre amtliche Statistik in Bayern
- Die amtliche bayerische Statistik und das Bayerische Statistische Landesamt von 1933 bis 1958
ifo Institut für Wirtschaftsforschung
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In der Nachkriegszeit veränderte sich das Aufgabenspektrum des Statistischen Landesamts. Fortan nahm die Wirtschaftsstatistik einen wesentlichen Teil der Arbeit ein. Auf Initiative von Wagner wurde 1947 der Wirtschaftsbereich im Landesamt durch die Einrichtung einer Sammlungs- und Forschungsstelle für Wirtschaftsdaten, der ifo, erweitert.Nach der Fusion mit dem von Ludwig Erhard 1947 gegründeten "Süddeutschen Institut für Wirtschaftsforschung", das in der regionalen Industrie- und Wirtschaftsbeobachtung tätig war, wurde im Januar 1949 das "ifo Institut für Wirtschaftsforschung" in München als eingetragener Verein gegründet. Mit der Gründung wurden zwei unterschiedliche Traditionen der empirischen Wirtschaftsforschung in einer Institution zusammengeführt: die volkswirtschaftliche Statistik und die stärker praxisbezogene Markt- und Konsumforschung.
Bis 1955 übernahm Wagner die Leitung des ifo Instituts.
Das ifo Institut ist damit eine schöne Tochter des Bayerischen Statistischen Landesamts.
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Quelle:
- PD Dr. Kilian, Jürgen: Haus der Zahlen. Die bayerische Landesstatistik zwischen Diktatur und Demokratie
- Historisches Lexikon Bayern
- ifo Schnelldienst: 20. Juli 1948
Volkszählung
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Die Volkszählung spielt in Bayern eine zentrale Rolle bei der Erfassung der Bevölkerungs- und Haushaltsdaten. Bereits im 19. Jahrhundert wurden in Bayern regelmäßig Volkszählungen durchgeführt, die die Grundlage für die Planung und Verwaltung bildeten. Die erste große Volkszählung fand 1834 statt. Seitdem wurden bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges Volkszählungen in dreijährigen, ab 1875 in fünfjährigen Abständen durchgeführt. Die Durchführung der Volkszählung lag zu der Zeit in den Händen der Polizei. Von 1834 wurden die Richtlinien des Vollvereins befolgt und zusätzliche Informationen gewonnen. Bis 1852 wurde in zivile und militärische Bevölkerung mit Geschlecht und Alter aufgeteilt.
Die Volkszählungen dienten ursprünglich vor allem der internen Verwaltung, der Steuerverteilung und der militärischen Planung. Mit der Zeit wurden sie auch für wissenschaftliche und politische Zwecke genutzt, etwa zur Analyse der Bevölkerungsentwicklung, der Geburten- und Sterberaten sowie der sozialen Strukturen. Besonders im 20. Jahrhundert wurde die Bedeutung der Volkszählung durch die Einführung moderner Technologien wie Lochkartenmaschinen und später durch elektronische Datenverarbeitung erheblich gesteigert.
Nach 1945 begann man erstmals, das Konzept der Repräsentativerhebung für bestimmte Statistiken zu verwenden. Anstelle der Befragung aller betroffenen Einheiten wurde eine repräsentative Stichprobe ausgewählt, die nach einem Zufallsverfahren bestimmt wurde. Auf Anweisung von Präsident Wagner wurde das Stichprobenverfahren erstmals bei der Vorverarbeitung ausgewählter Merkmale der Volkszählung von 1946 im Bayerischen Landesamt eingesetzt. Die positiven Erfahrungen führten dazu, dass das Stichprobenverfahren bei weiteren Großzählungen, laufenden Erhebungen im Agrarbereich und beim 1957 eingeführten Mikrozensus angewandt wurde.
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Quellen:
- Bayern in Zahlen, Ausgabe Januar 1950
- 200 Jahre amtliche Statistik in Bayern
Zensus und Vertrauen in Anonymität der amtlichen Statistik
Volkszählung 1933
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Die Volkszählung von 1933 war eigentlich schon für 1930 geplant, aber an den knappen Finanzen während der Weltwirtschaftskrise gescheitert. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Volkszählungsgesetz am 12. April 1933 beschlossen. Das Gesetz enthielt mit dem Volkszählungsgesetz 1925 übereinstimmende Regelungen zur Wahrung des Amtsgeheimnisses. Auch das Fragenprogramm war im Wesentlichen identisch; neu aufgenommen wurden Fragen an verheiratete Frauen zum Jahr der Eheschließung und zur Gesamtzahl der Kinder, um den Geburtenrückgang zu untersuchen.
Bei der Auswertung der Volkszählung 1933 wurden Bürger mit jüdischer Konfession separat ausgezählt und ihre Verteilung in Deutschland ermittelt, in Berlin bis auf Bezirksebene. Da die Frage nach dem Religionsbekenntnis regelmäßig gestellt worden war und 1925 bereits eine Sonderauswertung für Juden vorgenommen worden war, schien die Auswertung auch damals nicht ungewöhnlich.
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Quellen:
200 Jahre amtliche Statistik in Bayern, Seite 37–40
Volkszählung 1939
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Die Volkszählung von 1939 wurde durch das Volkszählungsgesetz von 1937 angeordnet. Das Gesetz schloss Fragen zu Vermögens- und Einkommensverhältnissen aus, erlaubte aber Fragen zu Religion, Staatsangehörigkeit, Muttersprache und „blutsmäßigen“ Abstammung. Die Beschränkung der Verwendung von Einzeldaten auf statistische Zwecke entfiel, die Verwertung der Daten war nicht mehr eingeschränkt. Die Durchführungsverordnung von 1939 enthielt eine Verschwiegenheitspflicht nur für die Zähler.
Die Volkszählung 1939 hatte das Ziel, neben „Glaubensjuden“ auch „Rassejuden“ zu erfassen. Nach den Nürnberger Gesetzen wurden Judenkarteien angelegt, die Daten aus verschiedenen Quellen bezogen. Die Volkszählung sollte auch „Mischlinge“ und die „blutsmäßige Abstammung“ erfassen. Die Daten wurden mit anderen Erhebungen kombiniert.
Die Besonderheit der Volkszählung 1939 war die „Ergänzungskarte“, auf der die Religion der Großeltern und die Ausbildung anzugeben war. Die Karten wurden zentral ausgewertet, die der Juden bis 1941 im Statistischen Reichsamt aufbewahrt und danach mit den Melderegistern abgeglichen.Die Volkszählungen von 1933 und vor allem von 1939 zeigen exemplarisch den Missbrauch der amtlichen Statistik durch das NS-Regime.
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Quellen:
- 200 Jahre amtliche Statistik in Bayern, Seite 37–40
Zensus 1950
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Beim Zensus 1950 zeigte sich bei einer Meinungsbefragung zur Probezählung ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber der Geheimhaltung von Individualangaben, insbesondere bei Wohnraumdaten. Die Zählpapiere wurden als umständlich empfunden, und es bestand eine tiefe Abneigung gegen amtliche Fragebögen, vor allem wegen Erfahrungen aus der Zeit der Zwangsbewirtschaftung. Nahezu die Hälfte (46,5 Prozent) der Befragten rechnete mit einer Weitergabe von Einzelangaben an andere Dienststellen. Das Vertrauen in die Anonymität stieg mit dem Bildungsgrad, war aber in Landgemeinden besonders gering (54,9 Prozent Misstrauen).
Die Erfahrungen während des Krieges, als statistische Erhebungen missbraucht wurden, hatten das Vertrauen in die Neutralität der Statistischen Ämter beschädigt. Es wurde betont, dass alles getan werden müsse, um die Bevölkerung von der tatsächlichen Anonymität zu überzeugen. So sollte nicht einmal die Polizei oder die Staatsanwaltschaft Einblick in die Erhebungspapiere erhalten. Gleichzeitig schloss das völlig anonymisierte Lochkartenverfahren rein technisch eine Weitergabe von Individualangaben weitestgehend aus. Dennoch gab es Unsicherheiten wegen möglicher künftiger politischer Veränderungen und Angst vor neugierigen Dritten, wie Hauptmietern oder Zählern. Erfreulich war, dass 60 Prozent der Befragten Interesse an den Ergebnissen zeigten und 40 Prozent mehr statistische Veröffentlichungen in der Presse wünschten.____________________
Quellen:
- Bayern in Zahlen, Ausgabe Januar 1950
- 200 Jahre amtliche Statistik in Bayern, Seite 37–40
Zeittafel wichtiger Daten seit Gündung des Landesamts
21. Jahrhundert
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2019 Abschluss der Sanierungsarbeiten des Landesamts für Statistik in Fürth und Auflösung der Dienststelle München 2017 Herr Dr. Thomas Gößl wird im Februar neuer Präsident 2016 Die Dienstelle Fürth wird Hauptsitz im Rahmen der offiziellen Schlüsselübergabe durch den Bayerischen Innenminister.
2015 Änderung des Amtsnamens zum 1. Juni in "Bayerisches Landesamt für Statistik" 2014 Frau Marion Frisch wird mit Jahresbeginn neue Präsidentin
Der Bereich IuK/Rechenzentrum Süd wird zum 01.01.2014 aus dem Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung herausgelöst und in das Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV) als IT-Dienstleistungszentrum des Freistaats Bayern (IT-DLZ Bayern) integriert.
2013 Verabschiedung am Jahresende von Präsident Karlheinz Anding in den Ruhestand 2012 Einzug in das ehemalige Siemensgebäude in der St.-Martin-Straße in München, das jetzige Amtsgebäude 2010 Gründung der Außenstelle Fürth am 01.06.2010 2008 Verabschiedung von Präsident Dr. Peter Bauer in den Ruhestand und 200-Jahr-Feier der amtlichen Statistik Bayerns am 9.4.2008.
Bestellung von Karlheinz Anding zum Nachfolger.2006 Einrichtung des Rechenzentrums Süd beim Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung gemäß Ministerratsbeschluss vom 7.3.2006.
2003 Einrichtung des Forschungsdatenzentrums der Länder am 1.4.2003 zur Verbesserung des Datenzugangs der Wissenschaft. 2002 Verabschiedung von Präsident Wolfgang Kupfahl am 27.2.2002 in den Ruhestand. Bestellung von Vizepräsident Dr. Peter Bauer (geb. 1943) zum Nachfolger. Ernennung zum Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung zum 1.9.2002. 2001 Gesetz über den Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik in der Öffentlichen Verwaltung vom 24.12.2001 (IuK-Gesetz, GVBl 2001 S. 975) tritt am 1.1.2002 in Kraft. 2000 STATISTIK kommunal für die Gemeinden Bayerns als Nachfolgeveröffentlichung des bisherigen Statistischen Informationsdienstes. Erstmaliger Einsatz eines elektronischen Fragebogens im Rahmen der Verdiensterhebung.
20. Jahrhundert
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1998 Bezug der neu errichteten Außenstelle Schweinfurt im Februar 1998. 1996 Grundsteinlegung für die neue Außenstelle des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung in Schweinfurt am 20.11.1996. Aufbau des Bayerischen Behördennetzes. Erster Auftritt des Landesamts im World Wide Web am 4.12.1996. Erstmals Kreisdaten für die ganze Bundesrepublik auf Diskette („Statistik Regional“). 1995 Verabschiedung von Präsident Rudolf Giehl am 23.10.1995. Das „Statistische Jahrbuch für Bayern“ erscheint jährlich. Wolfgang Kupfahl (geb. 1938) wird Präsident des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung. Beginn der Tätigkeit des Landesamts bei den ressortübergreifenden Vorhaben der Vernetzung wie Corporate Network, Elektronischer Mitteilungsdienst und Elektronische Post. 1992 Der Bayerische Ministerrat beschließt die teilweise Verlagerung des Landesamts nach Schweinfurt. 1991 Ernennung des langjährigen Vizepräsidenten Rudolf Giehl (geb. 1930) am 18.3.1991 zum Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung. 1990 Bayerisches Statistikgesetz (BayStatG) vom 10.8.1990. Präsident Dr. Hans Helmut Schiedermeier tritt im Dezember in den Ruhestand. 1987 Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz-BStatG) vom 21.1.1987. 1984 Bayerische Daten im Bildschirmtext (Btx-System). Erster Einsatz eines Arbeitsplatz-Computers (APC): IBM Personal Computer AT. 1983 Aussetzung der für den 27.4.1983 vorgesehenen Volkszählung am 13.4.1983 durch das Bundesverfassungsgericht. Im Urteil vom 15.12.1983 wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingeführt. Erstmals Statistischer Informationsdienst auf Gemeindeebene. 1982 Durch das Inkrafttreten des geänderten bayerischen EDVG wird das Landesamt für Datenverarbeitung zum 1.5.1982 eingegliedert. Der Amtsname ändert sich in Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung. 1981 Präsident Dr. Günter Scheingraber tritt zum 31.5.1981 in den Ruhestand. Dr. Hans Helmut Schiedermaier (geb. 1925) wird am 1.9.1981 neuer Präsident des Bayerischen Statistischen Landesamts und zugleich auch bayerischer Landeswahlleiter. Zusammenlegung der „Zeitschrift des Bayerischen Statistischen Landesamts“ mit der Zeitschrift „Bayern in Zahlen“. 1978 Erstes bayerisches Datenschutzgesetz vom 28.4.1978. Gebäude- und Wohnungsstichprobe ersetzt die 1975 aus Kostengründen ausgesetzte Vollerhebung des Gebäude- und Wohnungsbestands. Anschaffung eines Trommelplotters (Cal-Comp 1051). 1975 Erstmals regelmäßige bundesweite Erhebungen zum Umweltschutz. 1972 Veröffentlichung der Gemeindeschlüssel und der Daten zur bayerischen Gebietsreform vom 1.7.1972. 1970 Dr. Günther Scheingraber (geb. 1921) löst Dr. Alban Haas am 1.1.1970 als Präsident des Statistischen Landesamts und als Landeswahlleiter ab. Gründung des Bayerischen Landesamts für Datenverarbeitung zum 1.9.1970 aufgrund des Gesetzes über die Organisation der elektronischen Datenverarbeitung im Freistaat Bayern (EDVG) vom 12.10.1970. Einrichtung einer statistischen Datenbank beim Bayerischen Statistischen Landesamt. 1968 Amtsleitung und Personalrat gründen das Sozialwerk für die Beschäftigten des Bayerischen Statistischen Landesamts. 1967 Erstmals EWG-weite Zählung: Repräsentative Strukturerhebung in der Landwirtschaft. 1966 Einführung einer repräsentativen Wahlstatistik zum Wahlverhalten bei den bayerischen Landtagswahlen. 1961 Präsident Richard Schachtner stirbt am 30.8.1961 während einer Sitzung des Landeswahlausschusses. Der Kirchen- und Verwaltungsrechtler Dr. Alban Haas (1904 - 1977) wird zum 14.12.1961 neuer Präsident des Bayerischen Statistischen Landesamts und zugleich auch Landeswahlleiter. Erstmaliger Einsatz einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage (IBM 1401 mit 4000 Kernspeicherstellen). 1960 Richard Schachtner (1902 - 1961) wird am 28.7.1960 Präsident des Bayerischen Statistischen Landesamts und zugleich neuer bayerischer Landeswahlleiter.
Erste Handels- und Gaststättenzählung im Herbst 1960.
Vereinbarung der Verbundprogrammierung zwischen den statistischen Landesämtern.
1959 Präsident Dr. Karl Wagner (1893 - 1963) tritt in den Ruhestand. Die kommissarische Leitung des Hauses übernimmt Richard Schachtner.
Einrichtung eines Pressereferats.
Am 11.6.1959 wird der Gemeinsame Statistische Dienst zum Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft (SAEG) und 1972 zu Eurostat umbenannt.
1957 Einführung des Mikrozensus. 1956 Ende Januar/Anfang Februar 1956 Einzug in die sogenannte Alte Akademie in der Neuhauser Straße in München. Einsatz der elektronischen Statistikmaschine IBM Type 101. 1955 Umbenennung des Informationsdienstes in Statistische Berichte. Erstmalige Berechnung des Schlüssels für den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden durch das Landesamt. 1954 Dr. Karl Wagner gibt unter dem Titel „Jahrbuch der Welt“ eine deutsche Ausgabe von „The Statesman‘s Year-Book“ heraus. Das ehrgeizige Projekt wird nach dem ersten Erscheinen wieder eingestellt. 1953 Bei der 2. Bundestagswahl wird in Bayern erstmals die repräsentative Wahlstatistik eingeführt. Das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (StatGes) wird am 3.9.1953 erstmals verkündet. 1950 Das „Statistische Amt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes beauftragt mit der Wahrnehmung der Statistik für Bundeszwecke“ wird unter Leitung von Dr. Gerhard Fürst am 1.4.1950 in „Statistisches Bundesamt“ umbenannt. Erstes bayerisches Schaubilderheft mit dem Titel „Leben und Sterben in Bayern“.
Beginn der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen.
1949 Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Präsident Dr. Karl Wagner wird zum 24.1.1949 Vorstandsvorsitzender des von ihm neugegründeten Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (Ifo-Institut München).
Erste Ausgabe der neuen Reihe „Statistisches Taschenbuch für Bayern“ (1966 wieder eingestellt).
In München wird die „Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Raumforschung“ gegründet. Dr. Karl Wagner wird zu ihrem Vorsitzenden gewählt.
Durchführung der ersten Handwerkszählung.
1948 Präsident Dr. Karl Wagner wird Vorsitzender der Deutschen Statistischen Gesellschaft und zugleich Mitglied des Internationalen Statistischen Instituts. 1947 Das Landesamt wird mit der Leitung der Registrierung der Kriegsgefangenen, Zivilinternierten im Ausland und Vermissten beauftragt. Neben der Bibliothek entsteht ein Wirtschaftsarchiv zur Sammlung wirtschaftsstatistischer Zeitreihen. Die verschiedenen Außenstellen werden zum größten Teil in der Polizeikaserne in der Rosenheimer Str. 130 in München zusammengefasst. Im Januar erscheint das erste Heft der Monatszeitschrift „Bayern in Zahlen“, vormals seit Oktober 1945 “Mitteilungen des Bayerischen Statistischen Landesamts“. 1946 Dr. Karl Wagner (1893 - 1963) war bis 1941 Mitarbeiter des Statistischen Reichsamts und übernimmt am 12.2.1946 die kommissarische Leitung des Statistischen Landesamts (ab 1947 Präsident). Dr. Meinrad Hagmann wird Bayerns erster Landeswahlleiter nach dem Krieg. Anwendung des Stichprobenverfahrens in Bayern bei der Vorwegaufbereitung der Volkszählung 1946. 1945 Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Bayerische Statistische Landesamt setzt seine Tätigkeit am 7.5.1945 im vollen Umfang fort. Von der amerikanischen Militärregierung werden neue Statistiken – darunter monatliche Ernteerhebungen, eine Fortschreibung der Bevölkerung auf Basis der Lebensmittelkarten sowie eine Wohnungsbestandsaufnahme – in Auftrag gegeben. Überleitung manueller Aufbereitungstechniken auf das Lochkartenverfahren. Einsatz von Lochkartenmaschinen. Präsident Dr. Friedrich Burgdörfer wird zum 15.10.1945 aus dem Amt entlassen. Die kommissarische Leitung des Hauses übernimmt der Hausjurist Oberregierungsrat Dr. Meinrad Hagmann (1892 - 1985). 1944 Das Amtsgebäude des Bayerischen Statistischen Landesamts an der Lerchenfeldstraße 1 in München wird am 24.4.1944 bei einem Bombenangriff zerstört und brennt vollständig aus. Daraufhin wird das Landesamt auf 12 Zweigstellen in München und Fürstenfeldbruck aufgeteilt. 1943 Erste Pendlerstatistik aus den Daten der Volkszählung 1939. 1942 Erstmals Bayerische Gemeinde- und Kreisstatistik mit Daten der Volkszählung 1939 in acht Bänden. 1939 Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im Alter von 70 Jahren wird Präsident Dr. Friedrich Zahn am 31.1.1939 mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet und in den Ruhestand versetzt. Sein Nachfolger im Amt wird der bisherige Direktor im Statistischen Reichsamt Dr. Friedrich Burgdörfer (1890 - 1967). Einrichtung einer Abteilung für Wirtschaftsbeobachtung im Statistischen Landesamt. Ebenfalls wird eine Hausdruckerei mit Photo- und Vervielfältigungsgeräten in Betrieb genommen. Volks-, Berufs- und Betriebszählung mit Ergänzungskarte über Abstammung und Vorbildung. Auszählung der Juden im Sinne der „Nürnberger Gesetze“.
1933 Ende der Weimarer Republik. Adolf Hitler wird Reichskanzler. Die Volks-, Berufs- und Betriebszählung von 1933 enthält u.a. die Frage nach dem Geburtsort als Grundlage für ein noch zu gründendes Reichssippenamt und ein Sippenkataster. Sonderauszählung der Bürger mit jüdischer Konfession. Erstmaliger Einsatz einer Hollerith-Maschine zur Datenaufbereitung beim Statistischen Reichsamt (zentrale Aufbereitung). 1931 Präsident Dr. Friedrich Zahn wird zum 10.3.1931 zum Landeswahlleiter bestellt (Art.1 Ziff.1 des Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes vom 10.3.1931, GVBl S. 124). Die seit 1931 jährlich erhobene Krankenanstaltsstatistik ersetzt nunmehr die seit 1875 bis 1930 jährlich geführten statistischen Erhebungen über die Heilanstalten. 1929 Einmalige Reichserhebung der Einrichtungen der öffentlichen Wohlfahrtspflege zum Schutze von Mutter und Kind. 1927 Präsident Dr. Friedrich Zahn wird zum Vizepräsidenten und 1930 zum Präsidenten des Internationalen Statistischen Instituts gewählt. 1926 Die Landespreisstelle wird zum 1.4.1926 in das Statistische Landesamt eingegliedert. 1925 Präsident Dr. Friedrich Zahn wird Mitglied des Kartellgerichts, Alleinherausgeber des „Allgemeinen Statistischen Archivs“ und Vorsitzender der Deutschen Statistischen Gesellschaft. Reichsgebrechlichenzählung (föderierte Reichsstatistik). 1924 Das Dienstgebäude in der Lerchenfeldstraße 1 in München wird aufgestockt. Die Landesvermittlungsstelle für den Verkehr mit Brotgetreide und Mehl wird aufgehoben. 1919 Das Königlich Bayerische Statistische Landesamt bezeichnet sich ab Januar 1919 nur noch als Bayerisches Statistisches Landesamt. Die Landespreisprüfungsstelle wird um die Betriebsrevisionsabteilung des Kriegswucheramts erweitert und mit der Amtsbezeichnung „Bayerische Landespreisstelle“ versehen; sie verbleibt unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Zahn. 1918 Ende des Ersten Weltkriegs und des Königreichs Bayern. Erste Wohnungszählung in Bayern und im gesamten Deutschen Reich. 1917 Dem Vorstand des Königlich Bayerischen Statistischen Landesamts, Dr. Friedrich Zahn, wird im August der Titel „Königlicher Präsident“ verliehen. 1916 Bei der Polizeidirektion München entsteht ein Bayerisches Kriegswucheramt. 1915 Im Landesamt wird eine Landesvermittlungsstelle für den Verkehr mit Brotgetreide und Mehl und eine Landespreisprüfungsstelle für Lebensmittelpreise errichtet. 1914 Beginn des Ersten Weltkriegs. Dr. Friedrich Zahn wird neben Dr. Georg von Mayr Mitherausgeber der Zeitschrift „Allgemeines Statistisches Archiv“. 1913 Dr. Georg von Mayr wird zum 6.12.1913 Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Erstmals Fremdenverkehrsstatistik und Statistik über Maul- und Klauenseuche. 1912 Die Anweisung des preußischen Innenministeriums, Untersuchungen über die Ursachen des Geburtenrückgangs durchzuführen, löst in den nachfolgenden Jahren deutschlandweit zahlreiche statistische Studien zu diesem Thema aus. 1911 Am 17.6.1911 findet in Dresden die konstituierende Sitzung der Deutschen Statistischen Gesellschaft statt. Den Vorsitz übernimmt Prof. Dr. Georg von Mayr. Die bereits 1890 von ihm gegründete Zeitschrift „Allgemeines Statistisches Archiv“ wird offizielles Organ der Gesellschaft.
1909 Das „Königlich Bayerische Statistische Bureau“ wird zum 1.1.1909 umbenannt in „Königlich Bayerisches Statistisches Landesamt“. Die Bezeichnung des Leiters ändert sich von „Vorstand“ zu „Direktor“. Der Statistische Beirat tritt an die Stelle der Statistischen Centralcommission.
Erhebung der Arbeiterwanderungen aus und nach Bayern auf Basis der Quittungskarten der bayerischen Versicherungsanstalten.
1908 Erstmals Molkereierhebung, Amtliches Marktverzeichnis, Jagdstatistik und Erhebung der Ehescheidungen. 1907 Ausscheiden von Ministerialrat Karl Trutzer zum 16.10.1907. Der vormalige zweite Bürgermeister der Stadt Düsseldorf, Professor Dr. jur., Dr. phil., Dr. rer. pol. h. c. Friedrich Wilhelm Karl Theodor Zahn (1869 - 1946), übernimmt am 1.11.1907 die Leitung des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus. Die Sammlung und Bekanntgabe der statistischen Daten wird beschleunigt. Die Veröffentlichung erfolgt in einer dem Nichtfachmann verständlicheren Form. Bayerische Krüppelzählung (einmalige Landesstatistik). 1904 Seit dem „Schuljahr 1904/05“ wird das Frauenstudium an den drei bayerischen Landesuniversitäten München, Würzburg und Erlangen statistisch erfasst. 1902 Dr. Max Proebst (seit 1902 Ritter von) scheidet aus dem Königlichen Statistischen Bureau aus, bleibt aber Staatsrat im Ministerium des Innern.
Karl Trutzer (1853 - 1909) wird am 13.8.1902 zum Vorsteher des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus ernannt – nunmehr wieder hauptamtlich.
1901 Beginn der jährlichen Taubstummenstatistik.
19. Jahrhundert
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1896 Dr. Max Proebst (1857 - 1906) tritt am 1.1.1896 sein Amt als Vorstand des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus im Nebenamt an. 1894 Erste Ausgabe des „Statistischen Jahrbuchs für das Königreich Bayern“. Die Veröffentlichung ist jährlich geplant, erscheint aber ab 1901 in einem zweijährlichen Turnus. 1892 Heft 57 der „Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern“ enthält eine statistische Untersuchung über die Influenza-Epidemie des Jahres 1889/90 in Bayern, und zwar über den Krankheitsverlauf und die Ansteckungswege.
1891 Das Königlich Bayerische Statistische Bureau zieht in die Lerchenfeldstraße 1 in München, in ein neu errichtetes Gebäude am Standort der heutigen Archäologischen Staatssammlung, um. Im Rahmen dieses Umzugs erhält es auch erstmals eine eigene Bibliothek. 1890 Dr. Georg von Mayr bringt am 6.8.1890 den 1. Halbband der Zeitschrift „Allgemeines Statistisches Archiv“ heraus. 1887 Der Vorstand des Statistischen Bureaus, Dr. Ludwig August von Müller, scheidet aus dem Königlich Statistischen Bureau aus. Carl Rasp (1848 - 1927) übernimmt am 1.3.1887 die Leitung des Königlich Statistischen Bureaus (im Nebenamt). 1886 Erste Herausgabe der Erkrankungen und Todesfälle an Pocken (ab dann jährliche Reichs- und Landesstatistik).
1883 Amtliche Telephonsprechstelle des Königlich Statistischen Bureaus im Verzeichnis der Sprechstellen Nr. 1 mit der Telefonnummer 55. 1881 Der Vorstand des Statistischen Bureaus Dr. Max von Seydel scheidet am 16.10.1881 aus dem Statistischen Bureau aus. Die Leitung des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus wird zu einem Nebenamt. Sie wird Dr. Ludwig August von Müller (1846 - 1895) am 24.10.1881 übertragen. Es kommt zu Einsparmaßnahmen und einem Abbau der Landesstatistik. Das Königlich Statistische Bureau wird im Staatsratsgebäude in der Promenadestraße untergebracht. 1880 Erstmals Ergebnisse über die Zwangsversteigerungen landwirtschaftlicher Anwesen (bis 1932 jährlich fortgeführt). 1879 Dr. Georg Mayr wird geadelt und geht als Unterstaatssekretär der Abteilung Finanzverwaltung des Deutschen Reichs nach Straßburg. Der Staatsrechtler Dr. Max von Seydel (1846 - 1901) übernimmt zum 16.10.1879 die Leitung (Vorstand) des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus. 1876 Erste Lieferung von „Statistischer Abriss über das Königreich Bayern“ als Vorläufer des Statistischen Jahrbuchs. 1875 Gründung des Statistischen Bureaus der Stadt München. 1872 In Berlin wird am 23.7.1872 das Kaiserliche Statistische Amt gegründet. Auf dem 8. Internationalen Statistischen Kongreß in St. Petersburg stellt Mayr die neue Methode der „geographischen Statistik“ und des Kartogramms vor. 1871 Gründung des Deutschen Kaiserreichs. Ludwig II. (1845 - 1886) löst mit Verordnung vom 1.12.1871 das Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten auf. Das Statistische Bureau kommt zum Innenministerium zurück (Reg. Bl. Nr. 79, Spalte 1833). Erstmals Erfassung der Ernteergebnisse in Bayern. 1869 Reorganisation der amtlichen Statistik und Koordination der Publikationen mit anderen statistischen Bureaus im Rahmen der neu gegründeten „Statistischen Centralcommission“. Dr. Georg Mayr wird zum 1.2.1869 Vorstand des Königlich Bayerischen Statistischen Bureaus. Gründung der „Zeitschrift des Königlich Bayerischen Statistischen Bureau“.
1868 Dr. Friedrich Benedikt Wilhelm von Hermann stirbt am 23.11.1868. Sein Vertreter Dr. Georg Mayr (1841 - 1925) übernimmt kommisarisch die Leitung des Statistischen Bureaus. 1860 Königliches Handschreiben Maximilians II. (1811 - 1864) vom 5.3.1860 über die Einsetzung eines höheren Betrags im Budget zur besseren Ausstattung des Statistischen Bureaus. 1858 Erstes Gemeindeverzeichnis aus den Daten der Volkszählung 1855. 1857 Als Folge der Cholera-Epidemie von 1854 beginnt die statistische Erfassung des Gesundheitswesens in Bayern. 1850 Das Statistische Bureau wird lt. Geschäftsnote des Handelsministeriums vom 31.10.1850 zum Königlich Statistischen Bureau, einer selbständigen Behörde mit eigenem Geschäftsverkehr, Siegel und Etat. Beginn der Veröffentlichung der „Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern“. 1849 Ludwig Freiherr von der Pfordten (1811 - 1880), Staatsminister des Handels und der öffentlichen Arbeiten, fordert von Hermann Vorschläge für die Erweiterung der Tätigkeit des Statistischen Bureaus und den Druck der vorliegenden Bevölkerungsstatistiken. 1848 Das Statistische Bureau wird lt. Königlich Allerhöchster Verordnung vom 11.11.1848 ab 1.12.1848 dem neu errichteten Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten unterstellt (Reg. Bl. Nr. 61, Spalte 1105). 1847 Erste Gewerbezählung seit den Montgelas-Statistiken. 1840 Dr. Friedrich Benedikt Wilhelm von Hermann wird zum 21.11.1840 zum Vorstand des Statistischen Bureaus und zum Ministerialreferenten im Ministerium des Innern ernannt. Herausgabe des Katasters der Ortschaften, Bevölkerung und Gebäude.
1839 Dr. Friedrich Benedikt Wilhelm von Hermann (1795 - 1868) übernimmt am 6.8.1839 nach eigener Aussage die Leitung des Statistischen Bureaus (vgl. Vorwort im Bd. 1 der „Beiträge zur Statistik Bayerns“). 1838 Berufung einer „Commission für Vorschläge über die Verbesserung der Statistik betreffend“ lt. Ministerialentschließung des Innern vom 23.6.1838.
Dr. Franz von Berks scheidet zum 11.10.1838 aus dem Ministerium des Innern und damit aus dem Statistischen Bureau aus.
1834 Erste Unionsvolkszählung im Dezember 1834 innerhalb des Deutschen Zollvereins als Grundlage für die Verteilung der Zolleinnahmen (bis 1867 im Turnus von drei Jahren). 1833 Bislang irrtümlich aufgrund einer Erwähnung in der Ministerialentschließung vom 7.10.1833 vermutete Gründung des Statistischen Bureaus. Professor Dr. Franz von Berks (1792 - 1873) wird um 1833 auf Wunsch von Staatsminister Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein (1791 - 1870) mit der Leitung des Statistischen Bureaus betraut. Das Bureau ist zu dieser Zeit im Theatinergebäude untergebracht. Es hatte vermutlich zwei Beschäftige, nämlich von Berks und den Büroboten Johann Müller. Das Bureau verblieb dort bis 1864. 1826 Erste Mortalitaets-Tafel für Baiern von Obergeometer Dismas A. Gebhard. 1825 Lerchenfelds Nachfolger im Finanzministerium Graf Armansperg (1787 - 1853) löst das Statistische Bureau im Finanzministerium auf. Im Innenministerium ist Ministerialrat Arnold von Mieg (1778 - 1842) für die Statistik des Landes zuständig. 1821 Die drei Königlich-Baierischen Ministerial-Räthe im Finanzministerium Roth, Barth und Rudhart geben mit der „Baierischen Wochenschrift“ die Zeitschrift für statistische Ergebnisse heraus (1822 wieder eingestellt). 1819 Einführung eines weiteren statistischen Bureaus durch Finanzminister Maximilian Emanuel Graf von Lerchenfeld (1778 - 1843) im Finanzministerium unter der Leitung des Landtagsabgeordneten und Universitätsprofessors Dr. Ignatz von Rudhart (1790 - 1838), des späteren griechischen Ministerpräsidenten. 1817 Feldmarschall Wrede vereinigt am 28.3.1817 das topographische Bureau mit dem Ingenieur-Geographen-Bureau (Kriegsministerium). Trennung von Statistik und Topographie. Auflösung des Statistischen Bureaus im Ministerium des Äußern am 31.3.1817. Die Akten kommen ins Ministerium des Innern. Die Herstellung einer vollständigen Statistik des Königreichs wird mit Verordnung vom 15.4.1817 dem Wirkungsbereich des Ministeriums des Innern überwiesen. Zuständig im Staatsministerium des Innern ist das Erste Referat unter Ministerialrat Johann Heinrich von Lu(t)z (1764 - 1839). 1815 Koch-Sternfeld errichtet ein eigenes Statistisches Bureau im Ministerium des Königlichen Hauses und des Äußeren mit zwei Hilfskräften. 1813 Joseph Ernst Ritter von Koch-Sternfeld (1778 - 1866) wird durch Ministerialentschließung vom 22.8.1813 eigens für den statistischen Teil in das Statistisch-topographische Bureau im Ministerium des Kgl. Hauses und des Äußern berufen. 1812 Zweite Montgelas-Zählung (Jahresbericht über das Verwaltungsjahr 1811/12) gemäß Ministerial-Entschließungen vom 10.10. und 15.12.1812. 1810 Aufgrund der Allgemeinen Verordnung vom 25.7.1810 unterliegt die Herausgabe von bayerischen Landkarten und statistischen Tabellen der Genehmigungspflicht durch den König (militärische Geheimhaltung von Topographie und Statistik im Vorfeld des Napoleonischen Russlandfeldzugs). Mehrere Ministerialentschließungen des Innenministeriums regeln die Form der statistischen Tabellen für die Jahresberichte. 1809 Erste Montgelas-Zählung (Jahresbericht über das Verwaltungsjahr 1809/10) gemäß Allerhöchster Entschließung vom 27.9.1809. 1808 Beginn der amtlichen Statistik in Bayern:
Im Außenministerium wird am 1. Oktober 1808 das Statistisch-topographische Bureau gegründet, im Innenministerium am selben Tag eine Polizei-Sektion, die sich ebenfalls mit Statistik befasst. Beide Einrichtungen sammeln die von lokalen Behörden gelieferten Daten und fassen sie zu einem gesamtbayerischen Ergebnis zusammen.1807 Johann Daniel Albrecht Hoeck (1763 - 1839) publiziert 1807 seine „Statistische Darstellung der Königlich-Baierischen Staaten“. 1806 Bayern wird Königreich. Gründung des Bayerischen Innenministeriums. Graf Montegelas (1759 - 1838) – bisher und weiterhin Außenminister – wird in Personalunion Innenminister, ab 1809 auch Finanzminister. Die Zeitschrift „Königlich Baierisches Regierungsblatt“ beginnt mit der Herausgabe von Statistiken. 1801 Gründung des Bureaus de Catastre (30.4.1801) und des Topographischen Bureaus aus der Commission des routes (19.6.1801). 1800 Gründung der „Commission des routes“, einer Unterabteilung des französischen statistischen Bureaus, im Schloß Nymphenburg durch General Decaen. Napoleon fordert eine „astronomisch und topographisch richtige Karte“ von Bayern.
18. Jahrhundert
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1794 Bevölkerungsaufnahme und Viehzählung laut Generalmandat vom 2.4.1794. Die Ergebnisse werden in Joseph von Hazzis (1768 - 1845) „Statistische Aufschlüsse über das Herzogthum Baiern“ veröffentlicht. 1771 Johann Nepomuk Joseph von Dachsberg (1733 - 1798) leitet die 1771 angeordnete allgemeine Beschreibung des Real- und Personalstandes in Bayern, bekannt als „Dachsbergsche Volksbeschreibung“ (1771 - 1781). 1770 Einwohnerbeschreibung von München. 1766 Kohlbrenners (1728 - 1783) „Churbaierische Intelligenzblätter“ enthalten u.a. bereits frühe bayerische „Preisstatistiken“.





